Hypothese #
Als Hypothesen werden Aussagen bezeichnet, die eine Vermutung über einen Zusammenhang von zwei oder mehr Variablen vermuten. Hypothesen formulieren Aussagen über Zusammenhänge, „die auftreten müssen,wenn bestimmte Lösungen die richtigen sind“ (Behnke 2010: 34).
Hypothesen sind weder räumlich noch zeitlich beschränkt. Sie können jedoch an der Realität geprüft werden. Scheitern sie, wird der Geltungsbereich der Hypothese kleiner. Bestätigt sie sich, wird er größer. (Vgl. Kornmeier 2007: 76)
Klassifikation #
Hypothesen lassen sich nach verschiedenen Formen klassifizieren.
Klassifikationskriterium | Form |
---|---|
Geltungsbereich | Deterministische Hypothese |
::: | probabilistische Hypothese |
Relation | Wenn-Dann-Hypothese |
::: | Je-Desto-Hypothese |
Kausalität | Kausalhypothese |
::: | Merkmalsassoziation |
Aggregation | Individualhypothese |
::: | Kollektivhypothese |
::: | Kontexthypothese |
Differenzierung nach Geltungsbereich #
Hypothesen lassen sich danach klassifizieren, für welchen Geltungsbereich sie Gültigkeit beanspruchen. Deterministische Hypothesen beanspruchen Gültigkeit für alle Objekte. Davon gibt es keine Ausnahmen. Gibt es eine Ausnahme, ist die Hypothese widerlegt. Statistische Hypothesen beanspruchen keine Gültigkeit für alle Objekte, sondern stellen einen Zusammenhang zwischen empirischen Ereignissen her und vermuten bestimmte Wahrscheinlichkeitsverteilungen.
Differenzierung nach Variablenrelation #
Das erste Subkonzept der Hypothese, das ich hier vorstellen möchte, ich die Wenn-Dann-Hypothese. Als Voraussetzung für eine Wenn-Dann-Hypothese ist es notwendig, dass sowohl X- als auch Y-Variable dichotome Variablen sind, also nur zwei Ausprägungen haben können. Als Skalenniveau ist Nominalskalenniveau hinreichend. Atomar formuliert lässt sich die Form der Wenn-Dann-Hypothese so auf den Punkt bringen: „Wenn X, dann Y“. Das Vorliegen der Bedingung X hat zwangsläufig das Ereignis Y zur Folge. (Vgl. Behnke 2010: 36)
Hier kann nochmals unterschieden werden zwischen einer Implikationsbeziehung und Äquivalenzbeziehungen. Bei Implikationsbeziehungen ist Y die Folge von X, tritt X nicht ein, kann Y eintreten, muss es aber nicht. Eine Äquivalenzbeziehung legt nicht nur die Folge für das Auftreten von X fest, sondern auch für das Nichtauftreten von X: Tritt X ein, muss ebenso wie bei der Implikationsbeziehung Y eintreten. Wenn X nicht eintritt, muss non-Y die Folge sein.
Erreichen Ausprägungen von X als auch Y mindestens Ordinalskalenniveau, können Je-Desto-Hypothesen formuliert werden. Mit Erreichen eines metrischen Skalenniveaus lässt sich die Form der Je-Desto-Beziehung in einer Funktion darstellen. Besteht ein positiver Zusammenhang bei einer Je-Desto-Beziehung, hat eine höhere Ausprägung von X eine höhere Ausprägung von Y zur Folge. Liegt ein negativer Zusammenhang vor, hat eine niedrigere Ausprägung von X eine niedrigere Ausprägung von Y zur Folge.
Differenzierung nach Kausalität #
Meist wird die Wenn-Komponenten, in der Regel die unabhängige X-Variable, als Ursachen für die abhängige Y-Variable gesehen. Ist dem so, liegt eine Kausalhypothese vor. Ist es nicht Ziel der Hypothese auszusagen, dass eine Aussage die andere ursächlich bedingt, wird das Merkmalsassoziation genannt. Das können zum Beispiel Trendhypothesen sein, also die Entwicklung einer Empirie über die Zeit. Die Zeit ist hier jedoch nicht ursächlich, sondern dient lediglich deskriptiv der Entwicklungsbeschreibung.
Differenzierung nach Aggregationslevel #
Eine Kollektivhypothese behauptet einen Zusammenhang zwischen mehreren Kollektivmerkmalen, eine Individualhypothese behauptet einen Zusammenhang zwischen mehreren Individualmerkmalen.
Wird versucht eine Aussage über die Individualebene mittels der Kollektivebene zu machen, kann ein ökologischer Fehlschluss die Folge sein. Als solchen bezeichnet man einen Fehlschluss von der Aggregatebene auf die Individualebene. Derartige Schlüsse sind mit Vorsicht zu behandeln. Solche Hypothesen werden als Kontexthypothesen bezeichnet.